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Sprungbrett auf die große Bühne

Erst Beschäftigte in der Werkstatt, heute Schauspielerin: Swaantje Reichstein hat sich ihren langjährigen Traum erfüllt und steht nun auf der großen Bühne. Doch auch nach dem Karrierewechsel begleitet Westfalenfleiß Swaantje Reichstein weiterhin – mit Erkenntnissen, die Eindruck hinterlassen haben.

Für Swaantje Reichstein war schon immer klar: Sie ist eine geborene Künstlerin. Egal, ob sie einen eigenen Sportbeutel batikt, ein Armband flechtet, ihren eigenen Kriminalroman schreibt oder sich nun einen Beistelltisch aus Büchern baut: Die 26-Jährige sprüht vor kreativen Ideen. Dass sie als Beschäftigte bei Westfalenfleiß vor allem Struktur und Routine zu schätzen wusste, wirkt da fast widersprüchlich.

Geliebte Routinen

Nach dem Schulabschluss fand Swaantje Reichstein im Jahr 2019 ihren Weg über den Berufsbildungsbereich zur Zweigwerkstatt Nord an der Rudolf-Diesel-Straße. Hier arbeitete sie in verschiedenen Bereichen. Ihre Lieblingsaufgaben waren das Sortieren und Vorbereiten. „Da ich immer einen guten Durchblick hatte, konnte ich alles hervorragend koordinieren“, erklärt sie. Gerne überblickte sie den gesamten Prozess bis zum fertig verpackten Produkt und sorgte beispielsweise dafür, dass Rucksäcke für Maler-Azubis mit allen benötigten Materialien für ihren Karrierestart bestückt wurden.
 

Ich merke jeden Tag aufs Neue, dass das einfach meine Berufung ist.
Swaantje.

Der Fuß in der Tür

Obwohl Swaantje Reichstein Spaß an diesen Aufgaben hatte, merkte die Beschäftigte schon damals, dass sie ihre Kreativität noch stärker ausleben wollte. Die passende Gelegenheit kam in Form eines inklusiven Theaterprojekts in Köln, bei dem Menschen mit Behinderungen an die Theater- und Filmbranche vermittelt werden sollten. „Dort habe ich dann erstmals richtige Bühnenluft geschnuppert und war direkt begeistert“, erinnert sich Swaantje Reichstein. Damit hatte sie den ersten Fuß in der Tür und schon in der Spielzeit 2022/2023 kehrte sie für das Projekt „Next Generation!“ für junge Schauspieltalente nach Köln zurück.

Veränderungen stehen bevor

Mit ihrem Platz im Projekt änderte sich auch der Alltag der 26-Jährigen. „Westfalenfleiß hat mich dabei tatkräftig unterstützt und mir ermöglicht, meine Arbeitszeit zu reduzieren“, erklärt sie. „Dafür bin ich bis heute äußerst dankbar.“ Auch nach Ende von „Next Generation!“ konnte sie Praktika, Vorsprechen, Aufführungen und Proben für verschiedene Theater- und Medienprojekte problemlos mit ihrer Arbeit in der Werkstatt vereinbaren.

Von Münster nach Wuppertal

So bahnte sich Swaantje Reichstein ihren Weg zum Theater in Wuppertal, wo sie heute arbeitet: Im Dezember 2024 bekam sie über eine Bekannte aus der Theaterbranche die Nachricht, dass ein Platz im Inklusiven Schauspielstudio in Wuppertal frei geworden war. Beim Projekt werden Menschen mit Behinderungen über drei Jahre hinweg zur Bühnenreife geführt. Sie erhalten Unterricht in Schauspieltechniken und übernehmen kleine und große Rollen in den Produktionen des Theaters. „Ich wusste, ich habe ein Talent, das ich zeigen muss, und ich wollte mehr von der Welt sehen. 

Dieses Projekt war die erste große Chance, um dem näherzukommen“, so Swaantje Reichstein. Als sie den Platz schließlich bekam, war es ein freudiger Moment – und ein ängstlicher zugleich.

Herausforderungen und Erfolge

Mit dem Wechsel von Westfalenfleiß zum Theater traten viele Fragen und Herausforderungen auf: Wohnungssuche und Umzug in eine fremde Stadt fernab der Familie, neue Menschen kennenlernen, alte Routinen hinter sich lassen, die ersten Proben bewältigen. Seit dem Wechsel im Mai hat Swaantje Reichstein viele dieser Herausforderungen erfolgreich und mit großer Entschlossenheit gemeistert. Dabei geholfen hat ihr neben ihren Eltern, die ihr noch immer treu zur Seite stehen, vor allem ihre Arbeit am Theater: „Ich merke jeden Tag aufs Neue, dass das einfach meine Berufung ist.“

Unvergessene Learnings

Ihre Zeit bei Westfalenfleiß wird sie nie vergessen. „Hier habe hier vieles gelernt und gebe heute viel besser auf mich acht.“ Im neuen Berufsleben hat sie diese Fähigkeit auch direkt testen können: „Zum Kennenlernen ging es für unsere Schauspiel-Gruppe für einen Workshop nach Frankreich. Das war zwar schön, aber die vielen Eindrücke und dazu die fremde Sprache haben mich schnell überwältigt. Da musste ich mir eine Stunde Ruhe und Zeit für mich nehmen. Das hätte ich früher gar nicht gemacht, obwohl es mir hilft.“ Umso dankbarer ist sie für ihre Zeit bei Westfalenfleiß, denn dadurch kann sie ihre Zukunft besser navigieren.

In einfachen Worten

Swaantje Reichstein war früher bei Westfalenfleiß. Hier hat sie in der Zweigwerkstatt Nord gearbeitet und zum Beispiel gerne Produkte aus den Werkstätten sortiert.
Sie wollte aber auch kreativ sein, denn sie malt gerne, bastelt und schreibt eigene Geschichten.

Ihr Traum war es, als Schauspielerin am Theater zu arbeiten. Das hat sie zum ersten Mal bei einem inklusiven Theaterprojekt gemacht. Jetzt arbeitet Swaantje die ganze Zeit an einem Theater: In Wuppertal lernt sie das Schauspielern. Swaantje merkt, dass das das Richtige für sie ist. Sie hat aber auch viel bei Westfalenfleiß gelernt. Zum Beispiel, dass es wichtig ist, auf sich zu achten und manchmal Pausen zu machen. Das hilft ihr jetzt sehr.